Arthur Schopenhauer: Die Kunst zu beleidigen - auch die übelste  Beleidigung muss gelernt werden. Der berühmt-berüchtigte Philosoph hat schrecklich-effektive Beispiele formuliert, wie man sprachlich angreift. Hier einige Auszüge/Zitate:

 

Demagogen der Jetztzeit
Überall und zu allen Zeiten hat es viel Unzufriedenheit mit den
Regierungen, Gesetzen und öffentlichen Einrichtungen gegeben;
großenteils aber nur, weil man stets bereit ist, diesen das Elend zur Last zu
legen, welches dem menschlichen Dasein selbst unzertrennlich anhängt,
indem es, mythisch zu reden, der Fluch ist, den Adam empfing, und mit
ihm sein ganzes Geschlecht. Jedoch nie ist jene falsche Vorspiegelung auf
lügenhaftere und frechere Weise gemacht worden, als von den
Demagogen der „Jetztzeit“. Diese nämlich sind, als Feinde des
Christentums, Optimisten: Die Welt ist ihnen „Selbstzweck“ und daher an
sich selbst, d.h. ihrer natürlichen Beschaffenheit nach, ganz vortrefflich
eingerichtet, ein rechter Wohnplatz der Glückseligkeit. Die nun hiergegen
schreienden, kolossalen Übel der Welt schreiben sie gänzlich den
Regierungen zu: Täten nämlich nur diese ihre Schuldigkeit, so würde der
Himmel auf Erden existieren, d.h. alle würden ohne Mühe und Not vollauf
fressen, saufen, sich propagieren und krepieren können: denn dies ist die
Paraphrase ihres „Selbstzwecks“ und das Ziel des „unendlichen Fortschritts
der Menschheit“, den sie in pomphaften Phrasen unermüdlich
verkündigen.

Die Deutsche Nation und die Scham, ihr anzugehören
Ich lege hier für den Fall meines Todes das Bekenntnis ab, daß ich die
deutsche Nation wegen ihrer überschwenglichen Dummheit verachte, und
mich schäme, ihr anzugehören.

Englisch als Argument gegen Optimisten
Bekanntlich sind die Sprachen, namentlich in grammatischer Hinsicht,
desto vollkommener, je älter sie sind, und werden stufenweise immer
schlechter, – vom hohen Sanskrit an bis zum englischen Jargon herab,
diesem aus Lappen heterogener Stoffe zusammengeflickte
Gedankenkleide. Diese allmähliche Degradation ist ein bedenkliches
Argument gegen die beliebten Theorien unserer so nüchtern lächelnden
Optimisten vom „stetigen Fortschritt der Menschheit zum Bessern“, wozu
sie die deplorable Geschichte des bidepischen Geschlechts verdrehen
möchten.

Eugenetik
Könnte man alle Schurken kastrieren und alle dummen Gänse ins Kloster
stecken, den Leuten von edelem Charakter ein ganzes Harem beigeben,
und allen Mädchen von Geist und Verstand Männer, und zwar ganze
Männer, verschaffen, so würde bald eine Generation erstehen, die ein
mehr als Perikleisches Zeitalter darstellte.

Fetisch und Reliquie
Die Verehrung, welche der gebildete große Haufe dem Genie zollt, artet,
gerade so wie die, welche die Gläubigen ihren Heiligen widmen, gar leicht
in läppischen Reliquiendienst aus. Wie Tausende von Christen die
Reliquien eines Heiligen anbeten, dessen Leben und Lehre ihnen
unbekannt ist; wie die Religion Tausender von Buddhisten viel mehr in der
Verehrung des Dahtu (heiligen Zahns), ja, der ihn einschließenden
Dagoba (Stupa), oder der heiligen Patra (Eßnapf), oder der versteinerten
Fußstapfe, oder des heiligen Baumes, den Buddha gesät hat, besteht, als in
der gründlichen Kenntnis und treuen Ausübung seiner hohen Lehre; so
wird Petrarcas Haus in Arquà, Tassos angebliches Gefängnis in Ferrara,
Shakespeares Haus in Stratfort, nebst seinem Stuhl darin, Goethes Haus in
Weimar, nebst Mobilien, Kants alter Hut, imgleichen die respektiven
Autographen, von vielen aufmerksam und ehrfurchtsvoll angegafft,
welche die Werke der Männer nie gelesen haben. Sie können nun eben
weiter nichts als gaffen

Die Fliege
Zum Symbol der Unverschämtheit und Dummdreistigkeit sollte man die
Fliege nehmen. Denn während alle Tiere den Menschen über alles scheuen
und schon von ferne vor ihm fliehen, setzt sie sich ihm auf die Nase.

Die Franzosen
Die andern Weltteile haben Affen; Europa hat Franzosen. Das gleicht sich
aus.

Die französische Sprache
Es sei hier aufmerksam gemacht auf den höchsten Gipfel jener
geckenhaften französischen National-Eitelkeit, welche schon seit
Jahrhunderten ganz Europa mit Stoff zum Lachen versieht: hier ist ihr non
plus ultra. Im Jahre 1857 ist in seiner 5. Auflage ein zum Gebrauch der
Universität dienendes Buch erschienen: Notions élémentaires de grammaire
comparée, pour servir à l’étude des trois langues classiques, rédigé sur
36l’invitation du ministre de l’Instruction publique, par Egger, membre de
l’Institut, etc. etc. [Grundbegriffe der vergleichenden Grammatik zum
Studium der drei klassischen Sprachen, im Auftrag des Bildungsministers
zusammengestellt von Egger, Institutsmitglied u. s. w.] Und zwar (credite
posteri! [Horaz, Carmina II, 19, 2]) ist hier die gemeinte dritte klassische
Sprache – die französische. Also dieser elendeste romanische Jargon, diese
schlechteste Verstümmelung lateinischer Worte, diese Sprache, welche auf
ihre ältere und viel edlere Schwester, die italienische, mit Ehrfurcht
hinaufsehn sollte, diese Sprache, welche den ekelhaften Nasal en, on, un
zum ausschließlichen Eigentum hat, wie auch den schluckaufartigen, so
unaussprechlich widerwärtigen Akzent auf der letzten Silbe, während alle
anderen Sprachen die sanft und beruhigend wirkende lange Penultima
haben, diese Sprache, in der es kein Metrum gibt, sondern der Reim allein,
und zwar meistens auf é oder on, die Form der Poesie ausmacht, – diese
armselige Sprache wird hier als langue classique neben die griechische und
lateinische gestellt! Ich fordere ganz Europa auf zu einer General-huée, um
diese schamlosesten aller Gecken zu demütigen.

Die Geburt
Das einzige Glück besteht darin, nicht geboren zu werden.

Der deutsche Gelehrte
Der deutsche Gelehrte ist aber auch zu arm, um redlich und ehrenhaft sein
zu können. Daher ist drehen, winden, sich akkomodieren und seine
Überzeugung verleugnen, kriechen, schmeicheln, Partei machen und
Kameradschaft schließen, Minister, Große, Kollegen, Studenten,
Buchhändler, Rezensenten, kurz, alles eher als die Wahrheit und fremdes
Verdienst, berücksichtigen – sein Gang und seine Methode. Er wird
dadurch meistens ein rücksichtsvoller Lump.

Geschlechtsliebe – männlich und weiblich
Der Mann ist von Natur zur Unbeständigkeit in der Liebe, das Weib zur
Beständigkeit geneigt. Die Liebe des Mannes sinkt merklich, von dem
Augenblick an, wo sie Befriedigung erhalten hat: Fast jedes andere Weib
reizt ihn mehr als das, welches er schon besitzt: Er sehnt sich nach
Abwechslung. Die Liebe des Weibes hingegen steigt von eben jenem
Augenblick an. Dies ist eine Folge des Zwecks der Natur, welche auf
Erhaltung und daher auf möglichst starke Vermehrung der Gattung
gerichtet ist. Der Mann nämlich kann, bequem, über hundert Kinder im
Jahre zeugen, wenn ihm eben so viele Weiber zu Gebote stehen; das Weib
hingegen könnte, mit noch so vielen Männern, doch nur ein Kind im Jahr
(von Zwillingsgeburten abgesehen) zur Welt bringen. Daher sieht er sich
stets nach andern Weibern um; sie hingegen hängt fest dem Einen an:
denn die Natur treibt sie, instinktmäßig und ohne Reflexion, sich den
Ernährer und Beschützer der künftigen Brut zu erhalten.


Gott und unsere Spaßphilosophen
Unsere Spaßphilosophen nehmen Gott als bekannt an, und erklären aus ihm
die Welt. Damit meinen sie etwas getan zu haben. Während der Besagte
sowohl seiner existentia als essentia nach völlig = x ist, also ein bloßes
Wort.